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VERGÜTUNGSSTAHL

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Vergütungsstahl im Allgemeinen

Der Begriff Vergütungsstahl umfasst eine Gruppe an legierten und unlegierten Baustählen, welche sich hervorragend zum Vergüten – d. h. zum Härten und Anlassen in einem Temperaturbereich ab 430 °C – eignen. Der Vergütungsstahl zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er über eine hohe Zähigkeit, Zugfestigkeit, Härte, Dauerfestigkeit und Streckgrenze verfügt. Auf seine mechanischen Eigenschaften kann konkret Einfluss genommen werden, um den speziellen Anforderungen verschiedener Bauteile zu entsprechen. Ebenso wie bei anderen Werkstoffgruppen auch können die Eigenschaften von Vergütungsstahl durch das Hinzufügen von Legierungselementen gezielt eingestellt werden. In der Regel liegt der Anteil von Kohlenstoff bei Vergütungsstahl zwischen 0,20 % und 0,65 %, wobei er aber – je nach Werkstoff – stark variieren kann. Der Kohlenstoffgehalt im Vergütungsstahl beeinflusst einerseits die Schweißbarkeit und andererseits die im Zuge des Vergütungsprozesses erreichbare Vergütefestigkeit. Weiterhin werden insbesondere die Zusätze von Nickel, Molybdän, Chrom oder Mangan auf den Verwendungszweck abgestimmt. Im Vergleich zu anderen Stahlsorten enthält Vergütungsstahl nur geringe Anteile an Phosphor und Schwefel, was den Reinheitsgrad im Hinblick auf nichtmetallische Einschlüsse erhöht und für ein gleichmäßigeres Material sorgt.

Die Wärmebehandlung von Vergütungsstahl

Bei Vergütungsstahl stehen insgesamt drei Varianten der Wärmebehandlung zur Auswahl: das Vergüten, das Durchvergüten und die isothermische Umwandlung.

Der Prozess des Vergütens setzt sich für gewöhnlich aus zwei Phasen zusammen, nämlich einem Härten und einem anschließenden Anlassen. Das Vergütungsverfahren dient in erster Linie dazu, gezielt Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften der Härte und Zähigkeit zu nehmen. Ausschlaggebend dafür sind z. B. Faktoren wie die Härtetemperatur, die Anlasstemperatur und Anlassdauer sowie das Abschrecken. Das Anlassen bewirkt eine Minimierung der Spannungen, die während des Härtens in dem Vergütungsstahl entstehen und zu Rissbildungen führen können. Der Anwender sollte bei der Wärmbehandlung von Vergütungsstahl dafür Sorge tragen, dass das Anlassen sehr gewissenhaft durchgeführt wird. Andernfalls kann eine Überschreitung oder Unterschreitung der vorgegebenen Temperatur zur Folge haben, dass die Eigenschaften des Vergütungsstahls derart stark beeinflusst werden, dass dieser seine Zähigkeit verliert. Ein Normalglühen vor dem Vergüten ist in Betracht zu ziehen, wenn dadurch höhere Werte hinsichtlich der Zähigkeit erreicht werden sollen. Der Grund dafür besteht darin, dass sich dabei ein feinkörniges Gefüge in dem Vergütungsstahl entwickelt.

Durchvergüten zur Verteilung der Festigkeit über den gesamten Querschnitt

Ein zweites Verfahren zur Wärmebehandlung von Vergütungsstahl ist das Durchvergüten. Das Ziel dieses Vorgangs ist es, die Festigkeitseigenschaften des Materials über den gesamten Querschnitt möglichst gleichmäßig zu verteilen. Der Prozess des Durchvergütens hat hingegen nicht nur zur Folge, dass sich die Festigkeit und die Härte im Vergütungsstahl erhöhen. Des Weiteren bringt das Durchvergüten zum einen eine verbesserte Kerbschlagzähigkeit und zum anderen eine höhere Dauerschwingfestigkeit des Materials mit sich.

Generell kommt für das Durchhärten lediglich ein legierter Vergütungsstahl infrage. Besonders geeignet ist Vergütungsstahl mit einer Chrom-Legierung, da dieser die besten Ergebnisse bei dem Einhärten bzw. Durchhärten hervorbringt. Ebenso geeignet ist Vergütungsstahl, der über einen Molybdän-Zusatz verfügt, da Molybdän die Anlassbeständigkeit und Warmfestigkeit von Stahl verbessert. Im Gegensatz dazu sollte das Durchvergüten bei Legierungen mit Mangan vermieden werden, obwohl sie meist preiswerter als die zuvor genannten Legierungen sind. Erfahrungsgemäß bergen Mangan-Legierungen ein beträchtliches Risiko, dass ein ungleichmäßiges Gefüge und Seigerungen im Vergütungsstahl entstehen.

Isothermische Umwandlung

Die letzte Variante der Vergütung ist die isothermische Umwandlung, welche auch als Zwischenstufenvergüten bezeichnet wird. Hierfür erwärmt man das austenitische Gefüge auf eine Temperatur, die zwischen dem Beginn der Martensitbildung und dem Haltepunkt der Abkühlung liegt. Im Anschluss daran muss diese Temperatur gehalten werden, was als isothermer Vorgang beschrieben wird. Das Austenit verändert sich grundlegend in der Zeit, in welcher der Vergütungsstahl auf dieser Temperatur gehalten wird. Darauf folgt eine Phase, in der das Werkstück aus Vergütungsstahl auf Raumtemperatur abgekühlt wird.

Um die Härtbarkeit von Vergütungsstahl zu messen, verwendet man in der Regel den Stirnabschreckversuch, der auch unter dem Begriff Jominy-Versuch bekannt ist. Durchgeführt wird der Stirnabschreckversuch, indem ein Stahlzylinder mit festgelegten Maßen auf die jeweilige Härtetemperatur erhitzt wird. Anschließend wird das Material mit Wasser abgeschreckt. Hierbei sollte die Temperatur des Wasserstrahls ca. 20 °C betragen. Darauf folgt eine Messung der Materialhärte an einer Seite des Zylinders in zuvor festgelegten Abständen.

Das Schweißen von Vergütungsstahl

Mit zunehmendem Legierungsanteil, insbesondere Kohlenstoff, neigt Vergütungsstahl zur Aufhärtung der Schweißzone, wodurch die Schweißbarkeit eingeschränkt wird. Infolge der Aufhärtung sind Spannungen in der Schweißnaht und in der erhitzten Zone möglich, weswegen sich viele Varianten von Vergütungsstahl nicht für die Schmelzschweißung eignen. Indem man den Vergütungsstahl vorwärmt und nachwärmt, wie es bei den meisten Vertretern dieser Werkstoffgruppe unabdingbar ist, wird das Schweißen dennoch ermöglicht. So sind zumindest das Widerstandsschweißen und Abbrennstumpfschweißen bei fast jedem Vergütungsstahl durchführbar.

Einwandfrei schweißbar sind Werkstoffe mit Mangan- und Mangan-Silizium-Legierungen von ca. 0,35 %. Bei größeren Wandstärken oder Werkstoffen mit erhöhtem Kohlenstoffgehalt, beispielsweise 37MnSi7, sollte die Vorwärmtemperatur von 250 °C auf ca. 450 °C erhöht werden. Wenn keine weitere Verarbeitung des Werkstückes erfolgt, ist ein anschließendes Anlassen erforderlich. Aus der Schweißhitze heraus bietet sich das Anlassen bei Temperaturen zwischen 680 °C und 720 °C an.

Chrom-Molybdän-legierter Vergütungsstahl eignet sich nur bedingt für herkömmliche Schweißverfahren. Lediglich bei den Güten 25CrMo4 und 30CrMoV9 ist das Schweißen möglich. Sobald das Werkstück geschweißt wurde, sollte es ohne Zwischenabkühlung bei 680 °C bis 720 °C angelassen werden. Ausnahmen sind die Chrom-Nickel-Molybdän-, Mangan-Vanadium- und Chrom-Nickel-Legierungen, bei denen das Schweißen nicht empfehlenswert ist. Gleichermaßen ist Vergütungsstahl mit Tellur- und Blei-Zusätzen nur bedingt schweißbar.

Anwendungsbereiche von Vergütungsstahl

Aufgrund der breiten Spanne an Werkstoffen, die unter den Begriff Kaltarbeitsstahl fallen, werden viele Anwendungsbereiche von dieser Werkstoffgruppe abgedeckt, deren Einsatztemperatur unter einer Temperatur von 200 °C liegt. Je nach Zusammensetzung der einzelnen Legierungselemente können die mechanischen Werte ebenfalls variieren. So können je nach Legierung eine hohe Verschleißfestigkeit, Durchhärtbarkeit, Polierbarkeit, Randschichthärtbarkeit wie auch Zähigkeit gegeben sein. Einsatzzwecke für Kaltarbeitsstahl sind: Kaltwalzen, Zerkleinern, Schreddern, Abkanten und Führen sowie Zerspanen.

Das Kaltwalzen geschieht bei Temperaturen, die unter der Rekristallisationstemperatur liegen. Dabei wird warmgewalztes Stahlband in der Stärke verringert und seine Beschaffenheit in mechanischer und technologischer Hinsicht angepasst. Diese Stähle finden sich bei Hilfsrollen, Richtwalzen und Profilbiegewalzen. ESU-erschmolzene Stähle gewährleisten die Einhaltung höchster Ansprüche in Bezug auf Reinheitsgrad, Oberflächengüte und hohe Verdichtung des Kerns. Beispiele dafür sind 1.2363, 1.2364, 1.2379 und 1.3343. Hier stehen aber teils die Eigenschaften Verschleißwiderstand, Druckfestigkeit, Zähigkeit und Polierbarkeit bei den verschiedenen Güten nur in abgestufter Form zur Verfügung.